Der Bus ist gut gefüllt.Gemählich ruckelt er durch die Landschaft. Juli Sonne, alles ist in helles Licht gehüllt durchzogen. In der Ferne ziehen Regenwolken auf. Weite Felder mit Knicks und kleinen Waldstücken.Gute schleswig-holsteinische Landschaft` denkt Uwe.

Er ist der Leiter der kleinen Reisegruppe, die aus vierzig Damen und Herren jenseits der 65 besteht.Alle wohnen in einer Wohnanlage, einige im Stadtteil und im Sommer werden Ausflüge wie diese organisiert.

Immer das gleiche Muster – eine Halbtagesfahrt, Beginn um 13 und Rückkehr gegen 18 Uhr. Fahren durch die Landschaft und Einkehren in einer Lokalität.

Ins Mikrofon sagt er: „Sehen Sie nur den schönen Himmel.Ein bisschen grau, ein bisschen blau.Viel schöner als in Spanien, wo immer nur dieses langweilige Blau zu sehen ist. Wir haben hier auch schon mal grosse dunkle Regenwolken am Horizont. Aber was ist das?“

Er macht eine lange Pause, in der er den rechten Arm hebt und demontrativ nach rechts in die Landschaft schaut. Er hebt die Hand, um sich vor der Sonne zu schützen. „Da, da hinten am Wald. Sehen Sie doch.“

Die Menschen im Bus starren nach rechts, recken die Hälse und versuchen, etwas Besonderes an dem kleinen Waldstück oder auf dem davorliegenden Feld zu entdecken. Aber ausser einigen Vögeln und der Landschaft können sie nichts finden.

Sie blicken nach vorne. Uwe deutet wieder in die Richtung und sagt: „Sie müssen genau hinschauen. Sehen Sie es?“ Wieder recken sich die Hälse, leichtes Gemurmel zieht durch den Bus. „Da am Waldrand. Sehen Sie doch. Die kleine Ameise ist aus ihrem Haus gekommen und winkt uns zu, wie schön!“

Lautes Gelächter ist zu hören.

„Ah, warten Sie, ich habe gerade einen Anruf auf meinem Mobiltelefon. Die kleine Ameise ist dran. Sie lässt Se schön grüssen und wünscht uns einen schönen Ausflug.“

Die Menschen im Bus lachen und reden mit ihrem Sitznachbarn. „Der hat aber auch immer Ideen. Will uns wohl auf den Arm nehmen. Nein sowas. Aber auch irgendwie niedlich.“ Einige schütteln den Kopf, aber die meisten freuen sich ob des kleinen Spasses.

Die Stimme von Uwe ist zu hören: „Die kleine Ameise berichtet, dass sie demnächst auch auf Reisen gehen will. Ja wirklich! Sie erzählt, dass sie mit einer Freundin nach Polen reisen will und ihre alte Tante besuchen möchte. Sie hat sich extra drei Wochen Urlaub genommen. Weil das Reisen für kleine Ameisen ja nicht so ganz einfach ist, wie Sie sich ja alle vorstellen können!“

Uwe redet und redet, und die Menschen im Bus lauschen seinen Ausführungen.

“ Die kleine Ameise berichtet, dass sie und ihre Freundin sich auf den Weg zum nächsten Parkplatz machen werden, um dort sich ein sicheres Plätzchen in einem LKW zu suchen. Sie reist am liebsten auf dem Schutzkasten oberhalb des zweiten Rades eines Hängers. Dort ist sie gut geschützt und kann es sich während der Fahrt gemütlich machen. Das grösste Problm, dass sie hat, ist den richtigen LKW zu erwischen, der auch wirklich nach Polen fährt. Nicht beim ersten LKW! Der soll sie ja nur bis zur Haupstrasse bringen, dann muss sie umsteigen. Und sie wird öfter umsteigen müssen, deshalb wird sie auch nur den kleinen Reiserucksack packen!

Na ja, wie dem auch sei, liebe Grüsse von der kleinen Ameise,“

Uwe strahlt über das ganze Gesicht und legt das Mikrofon auf die Konsole.

Im Bus dikutieren die Menschen über die kleine Geschichte. Sie freuen sich und geniessen den weiteren Ausflug.

Auf der Rückfahrt, alle sind gut erfrischt und haben bei schönen Wetter im Garten des Gasthauses den Kaffee und den leckeren Kuchen genossen. Einige waren noch in dem Laden, der zu dem Gasthof gehörte und haben sich mich Leckereien aller Art eingedeckt.

Eine zufriedene Stille ist im Bus zu hören.

Aus der hinteren Reihe ruft unvermittelt eine Dame: „Und haben Sie noch etwas Neues von der kleinen Ameise gehört? Ist sie vielleicht schon gestartet?“ Uwe lächelt, nimmt sich das Mikrofon und sagt: „Leider nein, sie hat sich nicht gemeldet. Vielleicht ist sie gerade am Packen oder sie hält ein Schläferchen, um Kraft für die Fahrt zu tanken. Ich weiss es leider auch nicht, verspreche aber, Ihnen alle Neuigkeiten hier im Bus zu berichten.

Und wenn Sie wollen, dann richte ich immer die besten Grüsse von der ganzen Gruppe aus, ist das in Ordnung?“

Laute Zustimmung wabert durch den Bus. Eine kleiner herzerfrischender Sonnenschein wurde geboren.