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Die Linie 7 der Kieler Straßenbahn
Autor/Quelle: Werner Jensen, Hasseldieksdammer Rundbrief 3/2001 und 4/2001
Bilder: Kieler Stadtarchiv
Vom 30.3.1915 bis zum 31.8.1963 fuhr die Linie 7 der elektrischen Straßenbahn nach Kiel-Hasseldieks- damm bis zu den Schranken des Bahnübergangs. Zur Entwicklung vorweg: Von 1881 bis 1896 gab es in Kiel nur Pferdebahnen, das sind etwa 12 Personen fassende, auf Schienen rollende Wagen, die von einem Pferd gezogen wurden. Elektrische Straßenbahnen fuhren in Kiel ab 1896: Linie 1 vom Rondeel/Waldwiese bis Belvedere/Wik; Linie 2 als Ringbahn vom HBf durch die Ringstr., Knooper Weg, dann durch die Muhliusstr., Fleethörn zurück zum HBf; Linie 3 vom Neumarkt(Rathausplatz) zur Seebadeanstalt (etwa bei der Reventloubrücke) und später in entgegengesetzter Richtung zum Hohenzollernring(Westring) und zum Eichhof. Durch die Eingemeindungen von Hasseldieksdamm, Hassee, Gaarden-Süd, Ellerbek und Wellingdorf im Jahre 1910 wuchs die Bevölkerung innerhalb von 10 Jahren von 100000 auf nun über 200000; dies erforderte einen raschen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.
In dem Eingemeindungsvertrag von Hasseldieksdamm heißt es unter § 11: “Die Stadt Kiel verpflichtet sich, binnen 5 Jahren vom Tage der Eingemeindung ab die elektrische Straßenbahn bis zur stadtseitigen Grenze des Hasseldieksdammer Gehölzes oder, wenn dies wegen des Übergangs über die Kiel-Eckernförder Bahn ohne erhebliche Veränderungen im Niveau der jetzigen Straßen nicht möglich ist bis zum Bahnübergang auszubauen und in Betrieb zu nehmen“. Der Eingemeindungstag war der 1.4.1910; und tatsächlich wurde die Strecke vom Wilhelmsplatz durch den Hasseldieksdammer Weg bis zu den Schranken am 30.3.1915 (genau nach 5 Jahren!) mit der Linie 7 in Betrieb genommen und das trotz des im August 1914 ausgebrochenen ersten Weltkrieges.
Die Linie 7 bestand anfangs aus zwei Teilen: zum einen vom Wilhelmplatz nach Hasseldieksdamm und zum anderen vom HBf zum Kleinbahnhof (in Gaarden-Süd, bereits am 9.8.1913 eröffnet). Der Gleisausbau entlang des Hasseldieksdammer Weges neben den Schrebergärten und dem Reitweg dauerte länger als erwartet; die Verlängerung der Linie 9 zum Hasseer Bahnhof war schon am 13.11.1912 geschafft. Die Linie 7 befuhr ab dem 22.8.1919 durchgehend die Strecke Hasseldieksdamm – Kleinbahnhof, nachdem die Streckenführung durch die Kaistr. zum HBf erweitert und bereits 1916 die Direktverbindung Hasseldieksdamm – Kleinbahnhof ausprobiert worden war.
Während des 2. Weltkrieges hat die Kieler Straßenbahn ungeheure Menschenmassen befördert. Da Kiel seit 1940 Bombenangriffen ausgesetzt war, hatte man Routine gewonnen im Ausbessern der Oberleitungen und der Schienengleise; die Straßenbahnwagen wurden des Nachts über die ganze Stadt verteilt geparkt, so dass schnellstens der Betrieb mit heilen Zügen wieder aufgenommen werden konnte. Hier ein Naziwitz aus der Kriegszeit: „Das Dritte Reich ist wie eine Straßenbahn . Vorne steht der Führer. Wer nicht hinter dem Führer steht, sitzt. Wo es hin geht, weiß man nicht genau, und alle paar Minuten wird abkassiert.“ Die Linie 7 Hasseldieksdamm – Kleinbahnhof lief ohne Unterbrechung trotz Bombenangriffen im 2.Weltkrieg bis zum 4.4.1945; der Tag, an dem durch einen letzten Großangriff das gesamte Straßenbahnnetz in Kiel endgültig ausfiel.
Die erste Straßenbahn nach dem Kriege fuhr am 20.7.1945, und zwar nur die Linie 4 (Wik Wellingdorf). Die Linie 7 wurde anfangs nur auf der Strecke Rathausplatz – Grüne Gilde (in der Nähe des Kiliaplatzes) wieder in Betrieb genommen. Erst ab dem 9.11.1946 wurde die Linie 7 von Hasseldieksdamm zum Hauptbahnhof über den Eisenbahndamm voll aktiviert; die Weiterführung zum Kleinbahnhof ist nicht wieder ausgeführt worden, zumal der Kleinbahnhof seine Bedeutung einbüßte. Vom 8.8.1948 an wurde das Gleis für die Linien 7 und 3 nicht mehr durch die Fleethörn, sondern um das Stadttheater herum am Kleinen Kiel entlang geführt.
Im Jahre 1952 wurde eine Doppelschleife an der Endstation Hasseldieksdamm gebaut, um die Linie 7 als Ein-Richtungswagen zu führen; an der Endstation HBf musste aus Platzmangel ein Gleisdreieck genügen, um nach kurzem Zurücksetzen dieselbe Richtung beibehalten zu können. Im Juni 1954 wurden die modernsten Ein-Mann-Wagen der Hasseldieksdammer Bevölkerung mit einer Freifahrt zum Kennenlernen vorgestellt. Die Linie 7 wurde von anderen Stadtteilen beneidet. Der Ausbau des Straßenbahnnetzes in Kiel erreichte in den fünfziger Jahren seinen Höhepunkt. Am 1.9.1963 wurde die Linie 7 mit der Linie 2 zusammengelegt mit der Fahrtroute: H’damm – Rathausplatz – Alter Markt – Brunswiek – Neuen Universität in der Olshausenstr. Von dem Tage an gibt es keine Linie 7 mehr.
Die Linie 2 zur Universität wurde nicht in dem Maße angenommen wie erwartet (anfangs: „Genietransporter“ später: „Leerstuhlinhaber“). Am 8.9.1969 fuhr die Linie 2 zum letzten Mal. Damit endet die Geschichte der Hasseldieksdammer Straßenbahn nach 541/2 Jahren erfolgreicher Tätigkeit davon 481/2 Jahre als Linie 7. Es gab dann nur noch die Linie 4 (Kanal-Wellingdorf) bis 1985. Die „Elektrische“ in Hasseldieksdamm wurde abgelöst von den Buslinien 2 und 12, die bis nach Altmettenhof und später durch den Jütlandring nach Mettenhof fuhren.