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Eine Wegebeschreibung

Autor/Quelle: Rolf Dornbusch , Hasseldieksdammer Rundbrief 1/2006
[Auszug aus der CHRONIK MELSDORF – von einer Ortschaft im Gutsbezirk Quarnbek zur selbständigen Gemeinde – Verfasser: Rolf Dornbusch, Gemeinde Melsdorf 1990, S. 351 und 352, mit freundlicher Genehmigung des Verfassers]

Aus „Lebensbeschreibung und Erinnerungen von Ernst BEHR“ (Eigentümer des Mettenhofes vor ca. 100 Jahren) heißt es über Melsdorfer und Hasseldieksdammer Wegeverhältnisse:

„Als ich Mettenhof übernahm, waren die Wegeverhältnisse unglaublich schlecht, so daß in Kiel kaum ein Mensch wußte, wo Mettenhof lag. Das war für mich sehr hinderlich bei meinen vielen Fuhren von und nach Kiel. Ich verhandelte mit der Gemeinde über den Ausbau des Weges von Melsdorf nach Hasseldieksdamm. Nach Streit und langen Verhandlungen kam es zu einem Übereinkommen. Ich mußte den Weg durch meine Feldmark in seiner Länge von 1200 m chausseemäßig ausbauen, die Gemeinde die übrige Strecke. Als Kreistagsmitglied veranlaßte ich auch, daß der Weg von Melsdorf nach Schwartenbock Chaussee wurde.“

„Der Weg über den Mettenhof an die Rendsburger Chaussee war an sich der Weg von Mettenhof nach Kiel. Erst ein Pächter RADBRUCH (bis 1867 auf Mettenhof, d. Verf.) hatte sich von dem Hufner DAHL in Hasseldieksdamm einen schmalen Streifen Land von dessen Koppel zur Überwegung an den Weg Russee – Heidenberg gepachtet, um darauf nach Kiel zu fahren. Der alte Inspektor JENSEN von Quarnbek verlegte diese Überwegung an die linke Koppelseite, indem er von DAHL einen 8 m breiten Streifen Land kaufte und daraus einen Weg machte mit einer Dornenhecke als Grenze. Auf diesem Wege wurde die Entfernung Melsdorf – Mettenhof – Kiel um mindestens eine halbe Stunde verkürzt.“ So noch einmal Ernst BEHR.

Der Weg über Mettenhof nach Kiel und zurück wurde früher oft von Melsdorfern zu Fuß zurückgelegt. Unsere Altvorderen waren anscheinend besser zu Fuß als wir im Zeitalter der motorisierten Untersätze. Die Aufzeichnungen von Wilhelm HARTMANN (aus: „Aus dem Leben eines Arbeiters – Gedichte, Erzählungen und Schnurren“ von Werkmeister Wilhelm HARTMANN) enthalten interessante Ausführungen hierzu für die Zeit um 1912 bis nach dem Ersten Weltkrieg:

„…Wochentags ging ich schon 20 Minuten vor 5 Uhr aus dem Hause, um rechtzeitig auf meiner Arbeitsstelle in Kiel zu sein, wo der Dienst bis abends 6 Uhr dauerte. Auch sonnabends wurde bis 6 Uhr gearbeitet. Manchmal kam ich abends mit dem Zug zurück, sonst machte ich den Weg zweimal am Tage von Melsdorf nach Kiel und umgekehrt.. . . Wer kein Fahrrad hatte, mußte zu Fuß nach Kiel zur Arbeit. Es war auch fast kein brauchbares Fahrrad mehr im Dorf, weil alle Bewohner in der Kriegszeit die Fahrradschläuche und -mäntel abliefern mußten. Die Ablieferungen mußten in Flemhude geschehen. Wer trotzdem radfahren wollte, mußte sich Ersatzreifen beschaffen. Diese bestanden aus Spiralsprungfedern, welche an einem Leinengurt befestigt waren und beim Fahren ganz erheblich klapperten. Für unsere damals bestehenden Landwege waren sie nicht zu gebrauchen. Es blieb uns also nichts anderes übrig, als zu Fuß nach Kiel zu gehen. Wir waren mehrere Melsdorfer von den verschiedensten Betrieben. (Es handelte sich außer Wilhelm HARTMANN um Christian REIMER aus Fegefeuer, der 30 Jahre lang zu Fuß zur Germaniawerft ging, sowie um Heinrich THODE, Kählen, und um Otto KIEHL aus dem Kiesschacht, d. Verf.) Morgens trafen wir uns 20 Minuten vor 5 Uhr am Dorfausgang, wo wir in den Wegweiser einen Nagel geschlagen hatten. War die Wartezeit um, dann wurde eine Marke aus Blech auf den Nagel gehängt, damit der sich Verspätende wußte, daß wir abgezogen waren. Mit den Bäumen und Wurzeln, welche früher weit hervorstanden, haben wir im Hasseldieksdammer Gehölz viel Bekanntschaft gemacht. Nicht selten war es, daß der Sturm die mitgeführte kleine Öllaterne (wir kannten noch keine elektrischen Taschenlaternen) ausgelöscht hatte oder beim Hinfallen des Trägers erlosch. Das war dann ein unliebsamer Aufenthalt, Laterne suchen und sich durch den dunklen Wald hindurchtasten. Da die Gemeinde Hasseldieksdamm erst kurz vor dem Krieg nach Kiel eingemeindet worden war (1910, d. Verf.) und als Liebesgabe die schöne Hofholzallee erhielt (1912, d. Verf.), war um diese Zeit herum der Weg nach Kiel sehr langweilig. Vom Hohenstaufenring (heute Westring, d. Verf.) bis nach Hasseldieksdamm ging eine sehr schlechte, holprige, mit vielen Schlaglöchern versehene Landstraße, welche noch nicht durch die Eisenbahnlinie nach dem Westbahnhof durchschnitten wurde. Auch die Linie 7 der Straßenbahn fuhr noch nicht nach Hasseldieksdamm. Das ganze Gelände diente damals noch der Landwirtschaft. Von Kiel kommend führte uns der Zickzackweg, der nur im Lehmboden ausgetreten war, über große, hervorstehende Baumwurzeln nach der Wirtschaft „Waldesruh“ zu. Früher war die Wirtschaft unter dem Namen ,,Pfannkuchenkrug“ allgemein bekannt. Bis zum Mettenhof waren damals keine Häuser. Auf dem Weg, an dem sich das sogenannte Oberdorf angesiedelt hatte, stand zur linken Seite eine hohe Dornenhecke und rechts mehrere uralte mächtige Eichen im Knick. . . . Der 10 km lange Weg nach Kiel kam einem damals länger vor als heute, zumal die unergründliche Wegstrecke von Hasseldieksdamm nach Melsdorf viele unübersichtliche Krümmungen und rechte Winkel hatte.“

„1924 – Mit 45 Jahren radfahren gelernt“ erwähnt Wilhelm HARTMANN an anderer Stelle kurz und bündig in seinen Aufzeichnungen.