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Die Gaststätte „Forsthaus Wittland“

Autor/Quelle: Werner Jensen,  Hasseldieksdammer Rundbrief 2/2003
Bilder: Stadt Kiel, Hauke Hansen, Walter Büll, GFG Nord, Th. Hüttig

Linie 7 - Kieler Strassenbahn

Seit 100 Jahren zählt diese Gartenwirtschaft zu den beliebtesten Ausflugs­zielen in der näheren Umgebung der Stadt Kiel. Bereits im Jahre 1823 er­warb der Kronshagener Hofkutscher Friedrich Büller (geboren in Ottendorf 1787) „dreysig Ruthen Landes, welches von der Einfriedung des Cronsha­gener Hofholzes ausgeschlossen war“. Er baute sich auf diesem ca. 600 m Grundstück östlich des Einganges zum Hofholz eine kleine, hell geschlemm­te Reet gedeckte Kate mit Baumstämmen aus dem Wald. In mühevoller Arbeit hat er das Fachwerkhaus fertig gestellt mit 2 kleinen Wohnungen (Stube, Diele und Küche in mit Lehm und Reet gefüllten Wänden). Nach seinem Tode um 1841 übernahm sein Bru­der Hans Büller ( ein Weber aus Heiden­berg) den kleinen Besitz und vermachte ihn, da er kinderlos war, seiner Nichte Dorothea Büller, Tochter des Erbauers. Diese heirate­te 1865 Georg Wilhelm Jöhnk aus dem Gutsbezirk Warleberg (Königsförde), der von der Forstverwaltung Rumohr als Hilfs­förster in den H’dammer Holzungen ange­stellt wurde und 1898 das Forsthaus über­nahm.

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1902 eröffnete Georg Wilhelm Jöhnk eine kleine alkoholfreie Wirtschaft, die er mit seiner Frau bis zu ihrem Tode 1916 betrieb. 1910, nach der Eingemeindung H’damms in die Stadt Kiel, wollte Jöhnk die Räumlichkeit vergrößern. Die Gartenwirtschaft wurde 1911 durch Anlage des Gartens mit 20 Linden·Lauben nach Süden erweitert und durch den Quer-Anbau einer Veranda in den heutigen Zustand gebracht. Noch deutlich zu erken­nen sind die höher gezogenen Außenwände und das Reetdach mit breiterer Traufe im Bereich der Veranda. Der Bau eines Kesselbrunnens auf dem Grundstück wurde ge­nehmigt.

Im Jahre 1917 übernahm der Sohn Karl Hinrich Jöhnk (geb. 1870 in Wittland) die Gast­wirtschaft. Er pflanzte zu dem bisherigen Gartenschmuck noch 26 Schneebeerenhecken. Sein Vater stand ihm bis 1927 im Ausschank zur Seite. Im Jahre 1924 ließ Karl Hinrich Jöhnk das Dachgeschoß ausbauen, um in den unteren Räumen mehr Platz für Gäste zu haben. Am 30.4.1943 starb der auch mir bekannte, allgemein beliebte Gastwirt. Sein Sohn Karl Jöhnk trat die Nachfolge im Alter von 45 Jahren an. Nach dem Kriege sammelten sich in der kleinen Gaststube des Forsthauses lokale Vereine wie der Geselligkeitsverein „Wittlandia“ und ein Sparklub; denn die Wirtschaften „Julienlust“ und „Waldeck“ waren zerstört und „Waldesruh“ von Engländern beschlagnahmt. Auch fanden hier kleinere Betriebsfeiern und Familienfeste statt. Im Kriege traf sich hier die Freiwillige Feuerwehr Hasseldieksdamm, die sich bald nach der Kapitulation endgültig auflöste. Bis in die 60iger Jahre gab’s dort manches Kostümfest, Motorradtreffen und Tanzvergnügen und Studententreffen. Bis Ende des Jahres 1966 blieb die Wirtschaft in den Händen der Familie Jöhnk. Da die zwei Kinder der Familie andere Berufe suchten, kam es zum Verkauf des inzwischen ca. 1800 m2 großen bebauten Grundstücks zum 1.1.1967 an die Stadt Kiel, die sich bereits nach Mettenhof und Heidenberg ausdehnte. Etwa 10 Jahre lang verpachtete die Stadt das Forsthaus an einen Gastwirt, der nach anfänglichem Elan immer weniger Anklang in der Bevölkerung fand; die Räumlichkeiten wurden teilweise vermietet, das Haus stand dann seit 1977 leer und wurde Objekt von jugendlichen Banden.

In der Anfangsphase der Besiedlung von Mettenhof entstand eine Bürger-lnitiative unter Federführung mehrerer Parteien, zu erwähnen ist besonders Architekt Jungjohann, um das seit der Jahrhundertwende beliebte Ausflugslokal zu erhalten. So kam es, dass der Abbruch des alten Hauses aus den Jahren 1823, 1911 und 1924 vermieden werden konnte, wie er bereits im Flächennutzungsplan von 1970 vorgesehen war. Dem Eigen­tümer Stadt Kiel war eine Renovierung zu teuer (über 1/4 Millionen DM) und deshalb wur­de ein Interessent gesucht, der dieses Gartenlokal mit Liebe zum Detail zu neuem Blü­hen bringen vermöchte. Dieser Interessent war der Kaufmann Walfgang Reher, Inhaber des Bierverlages Reher (später umgeformt in GFG Nord Getränke-Fachgroßhandel GmbH, Wittland 20). Bei der zu leistenden Investition wollte Reher das Objekt als Eigen­tum erwerben; dies blieb ihm aber versagt, da das Grundstück im öffentlichen Grüngürtel  gelegen ist. So kam es stattdessen am  6. Juli 1979 seitens der Stadt Kiel zu einem Erbbaurechtsvertrag mit der B & G Beteiligungs- und Gaststättenbetriebsgesellschaft mbH, einer Tochter der GFG Nord. Dieses Erbbaurecht  besteht heute noch. Es heißt in den Kieler Nachrichten am 24. November 1979, dass die Gartenwirtschaft „Forsthaus Wittland“ im alten Stil nach der Restaurierung heute um 19 Uhr wieder eröffnet wird: „Unter alter Bal­kendecke bei Feuer im offenen Kamin an altväterlich schweren, gemütlichen Holztischen und Stühlen werden hol­steinische Spezialitäten aufgetischt.“ Wolfgang Reher hat die Wiederherstellung dieser altehrwürdigen Gaststätte als sein persönliches Hobby betrachtet und dabei keine Kosten gescheut, um das Traditionelle mit den modernen Ansprüchen an eine Gaststätte zu verbinden.

Das „Forsthaus Wittland“ wurde dann durch Pachtverträge der B & G mbH anvertraut den Pächtern Hannelore Horstmann (1979-1985), Robert Cordes (1986-1994), Rabe­ler/Albert (1995-1997), Thomas Hüttig (1997-2001), Matthias Pesalla (2002), Thomas Hüttig (2002-jetzt). Während der neunjährigen Pachtzeit von Eike und Robert Cordes ist 1992 auch ein Saal in östlicher Richtung angebaut worden, besonders um den Küchen­bereich zu vergrößern. Noch heute zeigt sich eine anheimelnde Gartenwirtschaft in ur­sprünglicher Gestalt dem naturverbundenen Besucher am Hasseldieksdammer Hofholz.

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