← zurück zu den Geschichten

„Kettenhäuser“ in der Hofholzallee

Autor/Quelle: Inge Große-Hellweg,  Hasseldieksdammer Rundbrief 4/2006

In den 1960er Jahren gab es in Hasseldieksdamm einen regelrechten Bauboom. Die Kieler Wohnungsbaugesellschaft hatte viele Grundstücke erworben und ließ diverse Haustypen bauen:

1962 die Mehrfamilienhäuser „Im Waldwinkel“ und das 7-geschossige Hochhaus
1965/66 Reihenhäuser, Hofholzallee Okal-Häuser, Hofholzallee
  Reihenhäuser, Martenshofweg Okal-Häuser, Melsdorfer Strasse
  Reihenhäuser, Liethweg  
1966/67 Reihenhäuser „Im Waldwinkel“  
1967 Rentner-Wohnheim, jetzt AWO-Servicehaus Am Wohld.  

Ich möchte heute, weil ich dort seit 40 Jahren wohne, über die 10 Okal-Häuser Hofholzallee 131-149 schreiben.

Was viele nicht wissen, es sind keine Reihenhäuser, sondern Kettenhäuser, d.h. aneinander gestellte Einzelhäuser. Wir 10 Familien zogen in Frühjahr 1966 nach und nach ein. Wir waren Kaufanwärter bei der KWG und wohnten zur Miete bis alles fertig war. Ab November 1968 waren wir stolze Hausbesitzer. Das Haus war voll unterkellert und gut durchdacht. Vorne war die Hecke gepflanzt, hinten der Jägerzaun gesetzt, Rasen gesät, der Weg zum Haus und die Terrasse mit Platten verlegt. Viele Hausbesitzer beließen es bei dem Rasen, nur 2 legten sich einen Nutzgarten an. Aber alle pflanzten Blumen, Büsche und Bäume. Auf dem Gesamtgelände standen nämlich nur 2 Linden, die früher den Eingang des Dahlschen Hofes markierten, und eine wunderschöne Blutbuche. Diese wurde kurz nach unserem Einzug gefällt, die beiden Linden Ende 1968.

Zuerst kannten wir Nachbarn uns kaum. Jeder hatte genug mit sich und der Familie zu tun. Aber dann lernte man sich durch die Kinder kennen. Die 10 Erstbewohner-Familien hatten zusammen 32 Kinder. Mit den 4 etwas größeren Okal-Häusern in der Melsdorfer Strasse kamen wir auf 50 Kinder. Manche gingen schon auf weiterführende Schulen, aber einige lagen noch in den Windeln (keine Pampers). 1967 hatten 4 Jungen aus unserer Reihe ihren 1. Schultag in der Gorch-Fock-Schule. Von uns Müttern war keine berufstätig, später drei halbtags. Keine von uns hatte das Gefühl benachteiligt zu sein. Wir waren zufrieden, unsere Kinder glücklich und gesund aufwachsen zu sehen. Ich musste z.B. 8 x im Jahr einen Kindergeburtstag ausrichten und das kostete Vorbereitungen. Da war nichts mit Schwimmhalle, Kegelbahn und Mc Donald´s. Keine von uns Müttern hatte einen Zweitwagen, zwei hatten sowieso nur einen Führerschein. Man war also auf Bus, Fahrrad und Füße angewiesen. Geschadet hat es uns und auch den Kindern nicht.

In der Nachbarschaft haben wir uns gut verstanden. Runde Geburtstage und Jubiläen wurden mit der gesamten Nachbarschaft gefeiert. Am 04.07.2006 war unser 40-jähriges Okal-Haus-Jubiläum dran. Es gab Matjes, Pellkartoffeln, Bohnen mit Speckstippe in einem Haus und später Erdbeertörtchen im Garten des nächsten Hauses. Es wurde natürlich auch geprostet und viel von früher erzählt, wie schön es war als der A&O-Kaufmann gleich nebenan war und wir 3 Lebensmittelläden, einen Schlachter, eine Drogerie, ein Elektrogeschäft, einen Blumenladen, eine Post, eine Sparkasse und, und, und hatten. Leider waren wir bei unserer Feier nur noch sieben Personen, von denen 3 echte Ureinwohner waren.

Ich hoffe, dass ich noch lange Haus und Garten genießen kann.  

Linie 7 - Kieler Strassenbahn

„Kettenhaus“ 1966: Kein Baum, kein Strauch